Nostalgie und Technik: Mit TV Yesterday in die Vergangenheit

Wolfgang Maria Weber vor seinem Lieblingsstück, dem Kuba Komet von 1957

Die schönsten Exponate der TV-Geschichte

Die Sammlung “TV Yesterday” von Wolfgang Maria Weber ist ein Dauerbrenner in unserem Vintage-Archiv und umfasst gute 12.000 Motive. Zu sehen gibt es Geräte, die Zeitgeschichte dokumentieren, an einen Besuch auf Omas Sofa erinnern und an Samstagabende im Familienkreis mit einem der großen Entertainer der 1960er und 1970er Jahre. Wie es zu der Sammelleidenschaft kam? Das lassen wir den Fotografen am besten selbst erzählen…

Meinen ersten historischen Fernseher habe ich beim Pathologen gekauft. Neben seinem Beruf betrieb er einen handtuchschmalen Laden in der Thalkirchner Strasse, Nähe Südfriedhof, vollgestopft mit alten Röhrenradios. Öffnungszeiten dienstags und donnerstags zwischen 14:45 und 16:45 Uhr. Meinen alten Philips Fernseher von 1949 fand ich bei ihm im Keller, wo im übrigen lauter Leichen lagen, technische Leichen wohlgemerkt! Ab da war ich infiziert mit einem Virus: dem Sammeln von technischen Antiquitäten! Kein Flohmarkt in den Niederlanden war mir zu weit, um einen raren „Bush TV22“ zu ergattern oder einen „Nordmende Souverän“. In einer Nachtfahrt bretterte ich nach Hannover, um mein Schaustück, einen „Blaupunkt V52“ morgens um 8 Uhr einem Privatsammler abzuhandeln.

Daran interessierte mich weniger die Technik, die Röhren, Kondensatoren, Spulen, sondern die Zeitgeschichte: Der Gelsenkirchner Barock atmete die Wirtschaftswunderjahre der Bundesrepublik, eine Zeit des Aufschwungs, in der ein neues Medium die Gesellschaft eroberte: die Flimmerkiste! Das pure Lagern all der verstorbenen Geräte war die langweilige Seite, viel interessanter waren die Besuche bei alten Leuten, den Vorbesitzern und ihren Erzählungen aus der Frühzeit, von Fernsehabenden mit Peter Frankenfeld oder Hans-Joachim Kulenkampff. Stolz besuchte ich den 85jährigen Manfred von Ardenne in Dresden, den Miterfinder des Fernsehens, der ab 1929 die Braun’sche Röhre als Bildröhre entdeckt hatte.

Der Gelsenkirchner Barock atmete die Wirtschaftswunderjahre der Bundesrepublik.

Als Fotograf lag es mir nahe, all meine Trophäen in Szene zu setzen, ihnen einen Auftritt bei Bühnenlicht zu spendieren. Mit meiner neuen Studiokamera belagerte ich das Wohnzimmer. Eine riesige Kiste mit Mittelformat-Dias liegt heute noch im Keller. Ich besuchte die alten Fernsehstars meiner Kindheit und Jugend, Peter von Zahn, Werner Höfer, Harry Valérien, Annette von Aretin, Hazy Osterwald, Klaus Havenstein, Willy Millowitsch, Heinz Sielmann, Eduard Zimmermann. Ich porträtierte und interviewte sie, war bald mit Ruprecht Essberger befreundet, dem Regisseur der ersten deutschen Familienserie „Die Schölermanns“. An der Seite von Ost-Fernsehpionier Wolfgang Stemmler eroberte ich mir das DDR-Fernsehen, lernte seine Stars – Heinz Quermann, Heinz Forian Oertel! – und Zuschauer aus dem „Tal der Ahnungslosen“ kennen. So ahnungslos waren sie gar nicht, hatten sie doch täglich Stunden mit Westfernsehen und „Tagesschau“ verbracht. Meine Bilder und Interviews mündeten 1999 in das Buch „50 Jahre Deutsches Fernsehen“.

Analog war passé, 2000 startete ich digital durch. Beim Morgenkaffee fiel mir „TV Yesterday“ ein. Unter dieser Marke fotografierte ich bald alles, was eine Röhre hatte: Tonbandgeräte, 50er Jahre Radios, und natürlich, alte Fernseher! Meine Prunkstücke hörten auf malerische Namen wie „Graetz Kalif“ oder „Kuba Lohengrin“, „Rubens“ oder „Dürer“ aus dem legendären DDR Sachsenwerk Radeberg. Dazu kamen historische Telefone, Kameras, Schreibmaschinen, Grammofone, Plattenspieler, Ventilatoren, Kopfhörer, frühe Heimcomputer und Videospiele. Mein Anreiz: Die Geräte entführen uns in die Jahrzehnte vor dem Internet, als man Hits von Gitte noch am Kofferradio hörte und sich auf „Bonanza“ in Schwarzweiss freute. 

Mein Fotoarchiv ist seit 21 Jahren eine Art digitales „Manufactum“, in dem man sich satt sehen kann an den beschwingten Formen der Fifties, dem sachlichen Stil der Sixties, den Hippie Farben der Seventies. Dazu jede Menge gut recherchierte Infos: Welchen Durchmesser hat die Bildröhre des Loewe Opta „Rheingold“? Besitzt der Nordmende Cassettenrecorder von 1970 ein eingebautes Mikrofon? Welchen Prozessor hatte der weltweit erste Personal Computer Commodore PET 2001? Was kostete das Kofferradio Schaub Lorenz „Camping Luxus“ 1956?

Interfoto-Gründer Friedrich Rauch hat mich 1984 als Fotografen „entdeckt“. Bei Visual Experts Interfoto – geführt von seiner Tochter Alice – fühlen sich meine Fotos bis heute zuhause, finden im riesigen Online-Archiv den Weg zu Kunden in aller Welt. Und ich fotografiere begeistert weiter.”

Lust auf eine kleine Zeitreise? Dann besuchen Sie TV-yesterday in unserer Datenbank!

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